Rechtsberatung im Heilberufsrecht / Medizinrecht


Das Recht der Heilberufe bezieht sich auf die gesetzlich geregelten Gesundheitsberufe, wie z.B. den Arzt, Apotheker oder Physiotherapeuten, und die damit verbundenen Vorgaben und Regularien. Es betrifft aber auch den weitgehend unregulierten Beruf des Heilpraktikers oder der Kosmetikerin. Zudem stellen sich Fragen bei der Zusammenarbeit der Heilberufe untereinander oder mit Industrieunternehmen und Kosmetikinstituten. Eine wichtige Rolle spielt neuerdings auch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen. Im Medizinrecht geht es im Übrigen häufig um Schadensersatzfälle im Bereich Arzthaftung und Haftung von Schönheitsstudios für fehlerhafte Behandlungen. 

Beratungsspektrum im Heilberufsrecht und Medizinrecht

  • Berufsordnungen für Ärzte und andere Gesundheitsberufe
  • Vertretung gegenüber Berufskammern, Ärztekammern
  • Anwendbarkeit des Heilpraktikergesetzes (z.B. im Bereich Medical Beauty)
  • Heilmittelwerbegesetz (z.B. Rabattaktionen, Bewerbung von Schönheitsoperationen)
  • Haftung für Behandlungsfehler, Arzthaftung 
  • Behandlungsverträge
  • Kooperationsverträge
  • Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen

  • Gesetz zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISG)
  • Verordnung zum Schutz vor schädlichen Wirkungen vor nichtionisierender Stahlung bei der Anwendung am Menschen (NiSV)
  • Transfusionsgesetz (TFG), PRP-Eigentbluttherapie
  • Datenschutzrecht, DSGVO
  • Vertretung in Straf- und Bußgeldverfahren, Verwaltungs- und Wettbewerbsverfahren
Portrait von Rechtsanwalt Dr. Florian Meyer

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Dr. Florian Meyer

 

Telefon: (+49) 040 3571439-0

E-Mail: meyer@drmlegal.de


Aktuelle Themen zum Heilberufsrecht und Medizinrecht

Botox-Behandlungen durch Heilpraktiker

Die Anwendung von Botox (Botulinumtoxin) durch Heilpraktiker ist ein viel diskutiertes Thema. Aus den bisher ergangenen Entscheidungen lässt sich eine einheitliche Rechtsauffassung ableiten. Dieser Beitrag stellt die rechtlichen Grundlagen dar und analysiert die einschlägige Rechtsprechung.

 

Rechtliche Grundlage: Heilpraktikergesetz (HeilprG)

 

Heilpraktiker benötigen gemäß § 1 HeilprG eine Erlaubnis zur berufsmäßigen Ausübung der Heilkunde. Heilkunde ist dabei definiert als jede Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden beim Menschen, die medizinisches Fachwissen erfordert. Diese Erlaubnis umfasst grundsätzlich alle heilkundlichen Tätigkeiten, soweit keine besonderen gesetzlichen Einschränkungen bestehen.

 

Botox-Behandlung als Heilkunde

 

Botox-Injektionen stellen nach der Rechtsprechung unzweifelhaft eine Heilkunde im Sinne des HeilprG dar, da es sich um Maßnahmen handelt, die  gesundheitliche Risiken bergen und die Anwendung spezieller Fachkenntnisse erfordern. Eine kosmetische Zweckbestimmung steht dem nicht entgegen.

 

Rechtsprechung zur Anwendung von Botox durch Heilpraktiker

 

Das OVG NRW hat in seinem Beschluss vom 17.05.2017 (Az. 13 A 168/16) klargestellt, dass eine Heilpraktikererlaubnis grundsätzlich auch die Anwendung von Botox umfasst. Das Gericht führte aus, dass eine heilkundliche Tätigkeit nicht auf zahnärztliche oder ärztliche Approbationen beschränkt ist, sondern auch durch Heilpraktiker mit entsprechender Erlaubnis ausgeübt werden kann.

 

Das OLG Köln hat im Urteil vom 27.10.2023 (Az. 6 U 77/23) betont, dass die Unterspritzung mit Botox oder Hyaluronsäure durch Heilpraktiker zulässig ist. Das Gericht stellte fest: "Daher steht es auch, anders als die Beklagten meinen, der Annahme eines operativen plastisch-chirurgischen Eingriffs nicht entgegen, dass die von ihnen beworbene Unterspritzung infolge der vorzitierten OVG-Entscheidung auch von Heilpraktikern vorgenommen werden darf.

 

Auch einem Beschluss des Verwaltungsgerichtshoft Baden-Württemberg (VGH BW) vom 28.04.2006 (13 A 2495/03) lässt sich die grundsätzliche Erlaubnis zur Durchführung von Injektionen durch Heilpraktiker ableiten.

 

Fazit

 

Die Rechtsprechung bestätigt die Zulässigkeit der Botox-Behandlung durch Heilpraktiker, sofern diese über die erforderliche Heilpraktikererlaubnis verfügen.  Verträge über die durchgeführten Behandlungen sind somit wirksam und begründen keine Rückzahlungsverpflichtung.


Von Kinesiologie bis zu Bioresonanz - Therapieverfahren vor den Gerichten

Gerichte stehen gesundheitlichen Therapieverfahren sehr skeptisch gegenüber. Viele Verfahren halten nicht den strengen Wirksamkeitsanforderungen der deutschen Rechtsprechung stand.

 

Vor kurzem hat das Kammergericht Berlin diversen Auslobungen für kinesiologische Tapes eine Abfuhr erteilt. Die Tapes wurden u.a. mit Aussagen wie „Schmerzreduktion“, „Verbesserung der Muskelfunktion“ und „Wirkung auf die inneren Organe“ beworben. Nach Auffassung der Berliner Richter fehlt es jedoch an einer hinreichenden wissenschaftlichen Absicherung der beworbenen Anwendungserfolge. Das werbende Unternehmen konnte im Gerichtsprozess keinerlei wissenschaftliche Nachweise für die behaupteten Wirkungen anführen. Auch sei die Beantragung des Sachverständigenbeweises nicht ausreichend, denn die Werbeaussagen müssten in dem Moment wissenschaftlich belegt sein, in dem sie getätigt würden, so das Gericht.

 

Ähnlich erging es einem Anbieter von Geräten zur Durchführung der Bioresonanztherapie gegen unterschiedliche Erkrankungen wie Atemwegserkrankungen, Grippe und Gelenkerkrankungen. In dem Fall kam das Landgericht München ebenfalls zu dem Ergebnis, dass diese Werbebehauptungen für die als Medizinprodukte in den Verkehr gebrachten Geräte irreführend, weil wissenschaftlich nicht belegt, seien. Das Gericht verwies hierbei auf die jüngere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wonach Wirksamkeitsnachweise für derartige Aussagen allein durch eine randomisierte placebo-kontrollierte Doppelblindstudie erbracht werden könnten. Eine solche Studie vermochte das werbende Unternehmen in dem Verfahren jedoch nicht vorweisen. Das Unternehmen hatte noch versucht, sich damit zu retten, dass die Werbung nur in Fachkreisen, also gegenüber Therapeuten, geschaltet wurde. Der Einwand überzeugte das Gericht jedoch nicht, zum einen gelte das Wirksamkeitserfordernis auch dort, zudem sei die Werbung auch überhaupt nicht auf Fachkreise eingeschränkt gewesen.

 

Im Ergebnis haben Anbieter solcher Therapieverfahren in der Regel schlechte Karten, sofern sie wie im hiesigen Fall von einem Abmahnverein vor Gericht gezogen werden. Hier hilft nur eine präventive Strategie, Werbeaussagen im Vorfeld zu entschärfen und für eine hinreichende wissenschaftliche Absicherung zu sorgen.

 

Hamburg, 09.06.2016

Rechtsanwalt Dr. Florian Meyer (meyer@drmlegal.de)


LG Karlsruhe: Keine Prüfpflicht bei Brustimplantaten

Zwei Frauen wurden fehlerhafte Brustimplantate eingesetzt. Das Gericht entschied, dass der verantwortliche Arzt nicht verpflichtet war, sich durch Stichproben und Tests über die Qualität der eingesetzten Implantate Gewissheit verschaffen zu müssen. Da zum Operationszeitpunkt keine Anhaltspunkte bestanden hätten, die Qualität der Brustimplantate in Frage zu stellen bzw. das betrügerische Verhalten des Herstellers noch nicht bekannt gewesen sei, habe sich der Operateur auf die Eignung verlassen dürfen.

 

Quelle: Pressemitteilung des LG Karlsruhe


Rechtliche Risiken ärztlicher Fernbehandlungen

 

In Zeiten der Digitalisierung mehren sich Geschäftsmodelle, die auf eine gesundheitliche Beratung von Patienten ohne persönlichen Kontakt zum Arzt abzielen. Bislang gelten jedoch für solche sog. Fernbehandlungen strenge rechtliche Vorgaben.

 

§ 9 Heilmittelwerbegesetz verbietet eine Werbung für die Erkennung oder Behandlung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden, die nicht auf eigener Wahrnehmung an dem zu behandelnden Menschen oder Tier beruht (Fernbehandlung). Diese Norm setzt einen konkreten Krankheitsfall voraus, erfasst jedoch nicht Patienten, die ohne konkrete Beschwerden einen Arzt konsultieren, um etwa eine Routine- oder Vorsorgeuntersuchung durchführen oder sich sonst fachkundig beraten zu lassen. Allerdings verbietet § 7 Abs. 4 der Musterberufsordnung für Ärzte individuelle  ärztliche  Behandlungen, insbesondere auch Beratungen, ausschließlich  über  Print-  und  Kommunikationsmedien  durchzuführen. Diese Verbotsvorschrift geht über die Regelung im Heilmittelwerbegesetz hinaus, da sie nicht an die Werbung, sondern die Behandlung an sich anknüpft und zudem auch solche Behandlungen erfasst, denen kein Krankheitsfall zugrunde liegt.

 

Die Gerichte haben sich vermehrt mit solchen Konstellationen zu befassen. So verstößt nach einer aktuellen Entscheidung des Oberlandesgerichts München folgendes Geschäftsmodell gegen die Regelung im ärztlichen Berufsrecht: Ein Firma bietet unter Beteiligung von selbständigen Augenoptikern augenärztliche Beurteilungen der Netzhaut an. Hierzu wird durch den Augenoptiker mittels einer speziellen Kamera bei dem Kunden des Augenoptikers ein Foto der Netzhaut hergestellt. Dieses Foto wird dann online einem an das Netzwerk der Firma angeschlossenen Arzt zwecks Beurteilung übermittelt. Die Beurteilung des Arztes erhält dann der Augenoptiker, der diese seinem Kunden übergibt.

 

Das OLG München sieht hierin einen Verstoß gegen die Regelung in der Musterberufsordnung für Ärzte. Die Beratung erfolge ausschließlich über „Kommunikationsmedien“ im Sinne der Regelung und sei damit von der Verbotsnorm erfasst. Die Norm setze auch entgegen § 9 HWG gerade keinen Krankheitsfall voraus. Auch verlange die Vorschrift keinen konkreten Therapievorschlag. Alleine das Erstellen einer Verdachts- oder Negativdiagnose sei bereits ausreichend. Der Fall liege hier nicht anders als bei einem Hausarzt, der pathologische Auffälligkeiten bei seinem Patienten feststellt, einen Verdacht äußert, und den Patienten an einen Spezialisten überweist. Gleiches gelte bei einer Überweisung durch einen Orthopäden an einen Radiologen zwecks MRT-Untersuchung. Letztlich diene das Verbot dazu, dass der Patient sich nicht mit der erteilten Auskunft zufrieden gibt und von einem gebotenen Arztbesuch absieht. Gerade diese Gefahr bestehe auch hier, so das Gericht.

 

Im Ergebnis ist dem OLG München Recht zu geben. Zu beachten ist allerdings, dass bestimmte Gestaltungsformen der Verbotsnorm entzogen sein können. Das gilt beispielsweise bei Untersuchungen, die keine selbständigen Behandlungen sind, sondern nur Elemente einer Diagnose darstellen, zumindest wenn im Laufe der Beratung oder Behandlung auch körperliche Untersuchungen stattfinden. Zudem können gesetzliche Ausnahmeregelungen für bestimmte Behandlungsarten bestehen (so bei der Mammographie-Screening-Untersuchung). Zudem kann es bei Geschäftsmodellen mit Auslandsbezug dazu kommen, dass die deutsche Musterberufsordnung keine Anwendung findet (allerdings dann § 9 HWG weiterhin zu beachten sein wird).

 

Letztendlich sollten Geschäftsmodelle, die Fernberatungen im medizinischen Bereich zum Gegenstand haben, auf rechtlich „saubere“ Beine gestellt werden.


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