Wer als Vertreiber von Nahrungsergänzungsmitteln abgemahnt wird und eine Unterlassungserklärung abgibt oder eine einstweilige Verfügung oder ein Unterlassungsurteil kassiert, der sollte sehr
sorgfältig bei der Umformulierung seiner Werbung sein. Das zeigt ein aktuelles Urteil des OLG Hamm.
Das betroffene Unternehmen wurde im Jahre 2018 verurteilt, bestimmte Aussagen bei der Werbung für ein Nahrungsergänzungsmittel zu unterlassen, da sie gegen das geltende Werberecht verstoßen. Die
beanstandeten Aussagen betrafen verschiedene Aspekte der Hautpflege und -verbesserung durch das Produkt "Z. Trink-Kur". Die Beklagte hatte in ihrer Werbung behauptet, dass das Produkt unter
anderem "weniger sichtbare Falten", "strafferes Hautbild", "jugendliches Aussehen" und weitere positive Effekte auf die Haut bewirken könne. Das Gericht sah in diesen Aussagen eine Verletzung des
geltenden Rechts, da sie nicht ausreichend durch wissenschaftliche Nachweise gestützt waren und möglicherweise irreführend für die Verbraucher sein könnten.
Der Kläger, der das Urteil erwirkt hatte, bemängelte später, dass die Beklagte trotz des Urteils erneut irreführende Werbung für ihr Produkt geschaltet hatte. Der Kläger beantragte daraufhin die
Verhängung von Ordnungsmitteln gegen die Beklagte wegen Verstoßes gegen das Urteil. Die Schuldnerin verteidigte sich damit, dass die beanstandete Werbung ihrer Auffassung nach keine kerngleiche
Verletzungshandlung darstelle.
Das OLG Hamm stellte jedoch fest, dass die beanstandete Werbung sehr wohl in den Kernbereich der untersagten Verletzungshandlung fiel und somit eine Verletzung des Urteils darstellte. Die
Aussagen in der neuen Werbung suggerierten ebenfalls positive Auswirkungen auf die Haut und deren Erscheinungsbild, was gegen das vorherige Urteil verstoße. Das Gericht erkannte die schuldhafte
Zuwiderhandlung der Beklagten an und verhängte ein Ordnungsgeld von 15.000 Euro.
Das Urteil zeigt, dass es aus anwaltlicher Sicht wichtig ist, die genauen Formulierungen von Unterlassungsverpflichtungen in Gerichtsurteilen genau zu verstehen und einzuhalten. Werbemaßnahmen
sollten sorgfältig geprüft werden, um sicherzustellen, dass keine Verstöße gegen Urteile oder geltendes Werberecht vorliegen. Bei möglichen Verletzungen sollte umgehend ein Anwalt für
Nahrungsergänzungsmittel eingeschaltet werden, um angemessen auf die Situation zu reagieren und mögliche rechtliche Konsequenzen zu minimieren. Es ist entscheidend, alle Aspekte eines Falles
genau zu analysieren und eine effektive Verteidigungsstrategie zu entwickeln.
Im Jahre 2013 haben das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfARM) eine gemeinsame
Expertenkommission ins Leben berufen. Diese befasst sich mit der Frage, ob ein Produkt ein Arzneimittel oder Lebensmittel bzw. Nahrungsergänzungsmittel sein kann. In letzter Zeit
häufen sich die Einstufungen der Kommission, nach Vitamin-D-Präparaten wurde nun Roter Reis (Red Rice) bewertet.
Die Expertenkommission kommt zu dem Ergebnis, dass Roter Reis mit einer täglichen Monakolin-K-Dosis vom 5 mg pro Tag als Arzneimittel eingestuft werden sollte, weil
man ab dieser Dosis von einer nennenswerten pharmakologischen Wirkung ausgehen könnte. Die Bewertung der Kommission widerspricht damit zumindest nicht der Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts zu Red Rice, wonach eine täglich Dosis von 1,33 mg Monakolin K noch keine pharmakologische Wirkung aufweist (BVerwG, Urteil vom 26. 5. 2009
- 3 C 5/09). Sie steht allerdings in einem gewissen Widerspruch zur Health Claims Verordnung. Danach ist ein Health Claim für Red Rice für Lebensmittel zugelassen, dieser
lautet: „Monakolin K aus Rotschimmelreis trägt zur Aufrechterhaltung eines normalen Cholesterinspiegels im Blut bei”. Dieser darf jedoch erst ab einer Konzentration von 10 mg
Monakolin K pro Tag verwendet werden. Das Arzneimittelrecht gehe hier aber der Health Claims Verordnung vor, so zumindest die Ansicht der Expertenkommission.